HASENARTIGE UND HASENTIERE

renate_nikolaus, hasenbart

Feldhase (Lepus europaeus)

Der meist verbreitete Hase Europas ist der Feldhase (Lepus europaeus). Als ursprünglicher Steppenbewohner ist er zum Kulturfolger geworden und hat sich die offene Landschaft als neuen Lebensraum erobert. Das Vorkommen der Hasen reicht von landwirtschaftlich genutzten Flächen über den Wald, bis in die unmittelbare Nähe menschlicher Siedlungen. Im urbanen Bereich ist ein naher Verwandter des Feldhasen, das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus), deutlich häufiger anzutreffen. Nur in Ausnahmefällen findet man noch Restpopulationen des Feldhasen in der Stadt (z.B. Ohlsdorfer Friedhof, Hamburg). Das Hasenleben in freier Wildbahn ist kurz. Obwohl er bis zu 12 Jahre alt werden kann, beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung eines Hasen nur 8-9 Monate. Tatsächlich erreicht lediglich ein drittel aller Junghasen das zweite Lebensjahr. Ein Hase, der das dritte Lebensjahr erreicht, wird Althase genannt. Zu den natürlichen Feinden des Hasen (Prädatoren) zählen unterschiedliche Raubtiere, aber auch Wildschweine, Rabenvögel und Greifvögel. Sie können jedoch einem ausgewachsenen und gesunden Hasen kaum mehr etwas anhaben. Landwirtschaft und Straßenverkehr stellen eine viel größere Bedrohung für den Hasen dar.

Seit den 1960er Jahren ist der Bestand des Feldhasen in vielen Teilen Europas stark abnehmend. Als Hauptgrund wird recht einheitlich die starke Intensivierung der Landwirtschaft angesehen, insbesondere der massive Einsatz von Dünger und Pestiziden sowie der intensive Maschineneinsatz. Untersuchungen aus den Jahren 2004 bis 2009 ergaben, dass sich insbesondere der Anbau von Getreide auf immer größeren Feldern negativ auswirkt. Schwindende Saum-, Kraut- und Staudenfluren und eine Reduzierung der Brachflächen um fast drei Viertel innerhalb der letzten zehn Jahre sind bedeutende Faktoren des Bestandrückgangs. Viele Junghasen fallen auch dem direkten Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen zum Opfer. Auch die fortschreitende Umwandlung landwirtschaftlich genutzter Flächen in Bauland und Freizeitflächen, und deren Zergliederung durch Verkehrswege spielen für den Rückgang der Hasenpopulationen eine Rolle. In Deutschland wird die Art daher in der Roten Liste als „gefährdet“ geführt, in einigen Bundesländern wie Brandenburg und Sachsen-Anhalt als „stark gefährdet“. Der Weltbestand gilt dagegen laut IUCN als ungefährdet.

Im Jahr 2011 lebten in Deutschland durchschnittlich 12 Hasen pro Quadratkilometer, wobei regional starke Unterschiede vorlagen. Die niedrigsten Bestände finden sich in den Neuen Bundesländern mit durchschnittlich nur 5 Tieren, während in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die größte Population mit durchschnittlich 26 Feldhasen pro Quadratkilometer anzutreffen ist. Nach Hochrechnungen lebten 2011 ungefähr 4 Millionen Feldhasen in Deutschland.

 

Allgemeine Merkmale des Feldhasen

Der Feldhase hat lange, aufrecht stehende Ohren (Löffel), die an den Spitzen schwarz gefärbt sind. Die Hinterbeine des Hasen sind länger und kräftiger als die Vorderbeine, und er hat ein kurzes, puscheliges Schwänzchen (Blume), dessen Unterseite weiß gefärbt ist.

Seine Statur ist athletisch-leptosom: langgestreckter, stromlinienförmiger Körper, fettarm und muskelhart. Am Bauch hat der Feldhase helles, weißliches, weiches Fell, auf der Oberseite sind seine Haare drahtig (Grannen), und braun-gelb-schwarz gefärbt, an den Flanken rostrot. Der Hase ist kein Einzelgänger, sondern ein Distanztier. renate_nikolaus, hasenbartEr lebt zurückgezogen, zuweilen in lockerem Verband mit einigen Artgenossen, verbirgt (drückt) sich tagsüber in sogenannten Sassen (Gruben/Mulden) und nur zur Brunftzeit trifft man ihn in Gruppen an.

Den Zeitpunkt der Paarung bestimmt beim Hasen das Weibchen. So lockt die heiße Häsin den Rammler durch einen bestimmten Geruch an. Im Kampf um die empfängnisbereiten Weibchen jagen die Rammler einander und schlagen sich mit den Vorderpfoten (sog. Boxen). Obwohl auch Häsinnen bei diesen Kämpfen gelegentlich mitmischen, finden die Auseinandersetzungen haupsächlich zwischen den Rammlern statt. Kurz vor der eigentlichen Paarung kommt es auch zwischen Häsinnen und Rammlern zum heftigen Schlagabtausch. Weil die Häsinnen dabei dem Rammler zuweilen von hinten aufsitzen, nahm man lange Zeit fälschlicherweise an, der Rammler "verprügele die Häsin, um sie gefügig zu machen".

 

renate_nikolaus, hasenbartDas Geschlecht des Feldhasen ist schwer zu bestimmen. Besonders bei Junghasen sehen sich die äußeren Geschlechtsmerkmale zum Verwechseln ähnlich. Selbst erfahrene Jäger irren sich da zuweilen.

 

Geschlechtsteile des Feldhasen:
Links von Althasen, rechts Junghasen.

 

 

Weitere Merkmale in Kurzform:

  • Der Feldhase ist (außer in der Paarungszeit) überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv.
  • Häsinnen bringen bis zu 4 mal im Jahr Junge zur Welt.
  • Sie sind in der Lage, aus verschiedenen Befruchtungsperioden doppelt schwanger zu sein (Superfötation), was aber nicht häufig vorkommt.
  • Die Jungen (im Schnitt zwei bis fünf) kommen behaart, sehend und mit Zähnchen zur Welt.
  • Frisch geborene Junghasen sind Nestflüchter. Sie leben allein, werden aber zwei mal am Tag von der Häsin gesäugt.
  • Rammler und Häsin bleiben nur für die Dauer der Paarungszeit zusammen. Danach trennen sich ihre Wege wieder.
  • Hasen gelten nicht als stimmfreudig. Selten hört man sie knurren (im Kampf/ bei der Paarung/ beim Säugen). Nur in Todesangst oder unter Schmerzen geben sie einen lauten Schrei (Hasenquäke) von sich. Bei Feldhasen in Gefangenschaft wurden auch kurze, gurrende Laute beobachtet, die der Hase wohl ausstieß, um Artgenossen zu rufen - (mit Erfolg); ebenso wurde beobachtet, dass der Hase fauchen kann.
  • Wenn der Hase sich wohl fühlt und enstpannt, knirscht er mit den Zähnen. Dabei mahlen seine Zähne gegeneinander und erzeugen ein Geräusch ähnlich dem Schnurren einer Katze (wurde in Gefangenschaft beobachtet)
  • Der Hase ist ein Fluchttier. Nicht nur, dass er sehr schnell (bis zu 70 km/h) laufen kann, er vermag auch riesige Sätze aus dem Stand zu machen (es wurden schon Sätze von 2m Höhe und 7m Länge aus der Hocke beobachtet) und in vollem Lauf unvermittelt rechtwinklig die Richtung zu ändern (Haken schlagen).
  • Durch die besondere Position der Augen seitlich am Kopf ist es dem Hasen möglich, gleichzeitig vor und hinter sich etwas zu sehen. Dadurch kann er schnell Bewegungen um sich herum wahrnehmen.
  • Hält man einem Hasen die Augen zu, verfällt er nicht in eine Starre, sondern schlägt vielmehr wild mit den Hinterläufen um sich.
  • Seine Sehschärfe ist gering.
  • Er vermag ausgezeichnet zu hören.
  • Sein Geruchssinn ist gut.
  • Feldhasen können gut schwimmen.
  • In der Regel trinken Hasen nicht. Gelegentlich fressen sie Schnee.
  • Hasen nehmen ausschließlich pflanzliche Nahrung zu sich. Sie bevorzugen Gräser, Kräuter, Feldfrüchte, Getreidepflanzen, Rinde und junge Triebe von Gehölzen. Die Karotte wird nie gesondert erwähnt.
  • Die Verdauung des Hasen funktioniert ähnlich wie beim Kaninchen nicht mit Hilfe von Säuren sondern ausschließlich über Bakterienkulturen, die im Magen- und Darmbereich siedeln und die Nahrung zersetzen.
  • Auf zu wenig frisches Nahrungsangebot reagieren die Hasen mit verminderter Fruchtbarkeit.
  • Feldhasen lassen sich nur schwer in Gefangenschaft halten und werden auch dann nicht zahm.